Mittwoch, 25. Mai 2011

st. gabriel.

mein neuer lieblingsort ist der recyclinghof st.gabriel.

es ist ein gar wunderbarer ort, an dem es für alle dinge, die man nicht mehr will, einen platz gibt - entweder in einem kleinen, großen oder riesigen entsorgungsbehältnis, manchmal mit angeschlossener presse, oder in der großen halle, aus der jeden montag alle sachen wegverkauft werden, wirklich alle, und die leute sich um diese sachen prügeln. man fährt dort mit seinem auto voller dinge rein, bekommt einen platz zugewiesen und große ladekarren, mit denen man die dinge die man nicht mehr haben will von seinem auto in die entsorgungsbehältnisse oder in die halle fahren kann. nette mitarbeiter erklären einem, wo alles hingehört, und dass man das papier aus den cd-hüllen rausnehmen muss, bevor man sie in die entsprechenden tonne wirft; der netteste von ihnen sieht ein bisschen aus wie peter lustig.

r. und ich haben jeweils einen ford transit und einen opel movano voll nach st.gabriel hin- und leer wieder zurückgefahren. ich habe alles papier aus dem studium weggeworfen, bis auf die hausarbeiten und meine wahrscheinlich besten beiden klausuren (großer öff, 13 punkte, großer bgb 9 punkte; ich hatte all' die demütigenden drei- und vier-punktler, die in meinem keller herumlagen schon lange erdrängt und vergessen, wie gut). ich habe ordner voller kopierter njw-seiten in die papierpresse geschleudert, nie einsortierte gesetzesnachlieferungen und mitschriften aus veranstaltungen, an die ich mich nicht mehr erinnern konnte. ich habe geweint, dabei, nicht um das papier, und auch nicht um den platz in meinem keller, den ich so lange verschwendet habe mit diesem kram, sondern um all' die jahre die ich mit etwas verbracht habe, das ich so wenig mochte, und das mich noch so viel weniger zurückmochte, und darüber wie sehr ich mich dafür geschämt habe, dass diese beziehung eine so wenig glückliche war, anstatt zu sagen: fuck it. ich habe diverse säcke kleidung weggeworfen, von denen ich irgendwann mal gedacht haben muss, dass ich sie mal wieder brauchen würde, denn sonst hätte ich sie ja nicht in den keller gepackt, sondern direkt in die kleidersammlung: graue skirt suits in größe 44, haufenweise blaue blusen und gerippte baumwollpullis von the gap und riesengroße strickpullis und diverse t-shirt, die männer mir mal aus zuneigung geschenkt haben; unter anderem eins von der kanadischen infantrie und eins von einer med school in north carolina. ich habe meinen ersten eigenen computer nach st. gabriel gebracht (aber die festplatte ausgebaut, logisch, die zerdeppern kollege m. und ich noch gemeinsam, das wird ein spass), einen scanner, diverse küchengeräte, eine stofftier-kuhkopf-trophäe und ein schick gerahmtes panorama-foto von melbourne das mein australischer chef mir 2002 zum abschied geschenkt hat, aber das ich niemals wieder irgendwo hin hängen würde. "den fernseher bringen wir auch weg, oder?" fragte r. bevor wir mit dem packen für die zweite fuhre begannen, und das haben wir dann auch gemacht und jetzt gibt es nur noch fernsehen per internet in diesem haushalt, wie angenehm.

eigentlich war mir schon klar, dass ich mich ohne all diese sachen, diesen (klischeewortalarm) ballast besser fühlen würde, aber dass die erleichterung so verdammt groß, so durchdringend sein würde, das habe ich nicht gedacht. simplify your life. wtf.

[und heute mittag haben die kollegen mir geholfen, sechs kisten bücher ins antiquariat zu schleppen. yeah.]