Donnerstag, 3. November 2005

wenn irgendwas gut ist, dann das hier.

muff potter.
keine zweite chance der berlinundsusaverlassenhabenmüssentraurigkeit, keine zweite chance dem zurückausdergrossenstadtundsoalleininderprovinzfunk. raus aus dem ice, den kleinen, jungen, hübschen, unintellektuellen und frisch aus griechenland zurückgekommenen schweizer animateur, der behauptet, noch nie in seinem leben eine cd gekauft oder ein konzert besucht zu haben, genau deswegen ohne email adresse und handynummer im zug zurücklassen und telefonierend nach hause hetzen. tür auf, post greifen, treppe rauf, tür auf, anderes telefon greifen, susa anrufen, rucksack fallen lassen und aufreissen, und die nach sophienclub stinkenden klamotten von gestern [file under: places you really very much absolutely totally do not have to hang out at on tuesday nights.] suchen und finden und anziehen, winzigkleinesbisschen anhübschen, die neue tasche zur einweihung packen und mit dem bunnytotenkopf button versehen, all das mit susa am anderen ende des telefons, viel zu weit weg. effizienz, baby, this is effizienz, wie überhaupt alles, heute, immer, nie. tschüss süße, tür wieder auf, treppe runter, t-shirt unter der parka, so warm heute und ein kleines bisschen regen, rüber zum jazzhaus, ausgerechnet zum jazzhaus, obwohl ich da seit jahren nicht mehr wirklich hingeh, weils da so blöd ist, irgendwie, und zwar immer. exakt zum ersten song ankommen, right on time delivery nennt man sowas, oh yeah. who cares about vorgruppen? ich ja eigentlich doch, aber zumindest dann nicht, wenn die vorgruppe eine stunde in berlin gekostet hätte. die herren muff potter, die rocken, da braucht es keine vorgruppe für mich heute und auch kein bier erstmal. stattdessen erst mal ran an die bühne, zum gucken und so gar nicht still stehen und lächeln müssen, weil das gut ist. die herren muff potter, die sind laut, sehr sehr laut. und wild, sehr sehr wild. und sehr sehr gut gelaunt. und das macht alles spass, viel spass. was nicht spass, ist, dass der so schief vor mir stehende fünfzehnjährige so richtig toll darin ist, mir immer wieder seine muffeligen dreads entgegen zu schleudern, und auch sonst genau wie ich ziemlich perfektes timing hat, denn er schafft es später, genau in dem moment, in dem ich das bierglas zum trinken ansetze, seine ellenbogen so schwungvoll nach hinten zu schieben, dass er mir beinahe alle frontzähne ausschlägt. [file under: reasons to hate the jazzhaus. bier in gläsern und kein flaschenbier ausser heinken.] aber auch das ist eigentlich egal, denn der ganze rest ist einfach nett, richtig nett, und zwar auf diese schwitzige, schmuddelige, emomässige und deswegen leicht peinliche und klebrige art und weise. und überhaupt: obwohl das da auf der bühne eine band ohne keyboards, ohne elektrogefrickel ist, bedienen sie überraschenderweise, glücklicherweise dann doch auch noch meine nebenfetische. da ist zum einen dieser bassist mit den schmierigen, strähnigen schwarzen haaren und zum anderen ist da irgendwas an den texten, irgendwas an der intonation der singenden herren und irgendwas an der songstruktur, dass mich erschreckend doll an diese eine band erinnert, die ich doch ganz nah an meinem herzen halte, und deren musik sich doch eigentlich so ganz anders anhört als muff potter. das ist schön und ein bisschen creepy. genau wie das "ich konnte nie texte über sex schreiben, bis jetzt." aha. trotzdem ist das alles genau richtig für heute abend und sowieso, diese extreme lautstärke und das krachen und der rest. heute was kompliziertes, was leises, was mit ernsthafteren emotionen, und ich wär verloren. aber so, so ist es toll, richtig toll. schnell vorbei geht es, das konzert, wie alles, was spass macht, während ein kleiner teenagiger muff potter fanatic mit gesichtspiercings und emo haarschnitt vor dem dunkelhaarigen gitarristen liegt und fast weint vor glück, während die landjugend ihringen süß rumpogt und stage diving von der 40cm hohen bühne zelebriert und der hübsche bassist pfützen auf die bühne schwitzt und ich so vor mich hinwippe und trotz schonwiederalleinaufnemkonzert, trotz wiederhierinderprovinz, oh schreck!, glücklich bin, ja, glücklich, tatsächlich. und dann ist es vorbei, das schöne konzert, kurz vor elf erst, buttons kaufen, klar doch, mein fünfzehneinhalbjähriges ich und ihr sendungsverlangen, und dann schnell nach hause durch das kleine bisschen regen, bevor ich noch in versuchung gerate, den bassisten die band mit nach hause nehmen zu wollen.