Freitag, 4. November 2005

die grossen lieben von anderen.

liebe. [das große ding.]
diesen grossen lieben von anderen. diese eine ganz besondere art meine ich, diese aussergewöhnlichen, diese andauernden lieben, die über allem zu stehen scheinen. diese lieben ohne fremdgehen, ohne lügen, mit ehrlichkeit, manchmal mit polysein, whatever strikes your fancy. diese lieben mit immer noch verknallt sein, jeden tag, nach fünf oder zehn oder fünfzehn jahren. diese klaren ehrlichen lieben. diese lieben mit echter realer romantik im alltag, die eben alles ist, aber nicht das zeug aus den filmen. ein paar wenige mal sind mir solche lieben von anderen begegnet, manchmal ganz nah, direkt nebenan, manchmal remote. schön war das immer. mich machten sie immer gleichzeitig ganz unneidisch für die anderen glücklich und ganz neidisch egoistisch hoffnungsvoll für mich. doch noch nicht alles verloren, ich fühl das alles zwar gerade gar nicht, ich bin vollkommen desillusioniert was bindungen angeht, was ist das wert, commitment, gar nichts, überall lug und betrug, aber die beiden, die haben das, das grosse ding, das kann vielleicht doch gehen, wie schön. es muss nur passieren, mir so wie denen, ich muss jemandem begegnen, mit dem das gehen kann, das grosse ding. projektion galore, aber sicher doch, immer her damit. ich bin da beizeiten in eine seltsame form von fangirlhaftigkeit für diese fremden lieben verfallen, habe mich in sie verknallt, in diese fremden lieben, in die fremden liebenden [nothing sexier than someone in love] und hab sie in meine box für die wertvollen dinge gelegt, zu greenstone aus neuseeländischen flüssen und den billigen feng shui enten aus hong kong und alten champagnerkorken und zu den überresten meiner eigenen nichtganzsoschlechten lieben, und wenn ich mal wieder den glauben verloren hatte an die liebe, an das grosse ding, in den schlechten zeiten, da hab ich sie rausgeholt und gestreichelt, die fremden lieben, wie talismänner, und es wurde dann doch wieder ein bisschnen wärmer um mein achsokaltes herz. hast es halt nur mal wieder upgefuckt, caro, guck doch, es geht doch. aufstehen, augen offenhalten, das wird schon. schau dir die zwei an. aber dann passiert eines tages das nicht für möglich gehaltene, und diese grossen lieben gehen vorbei. weil sie vielleicht eben doch auch gestritten haben, über miete und arbeit und kinderjaneinvielleicht, oder doch eifersüchtig waren, ganz banal, oder, viel tragischer, natürlich, weil sie einfach aufgewacht sind, eines morgens, nach all den jahren, und einer war nicht mehr verliebt oder in wen anders verliebt, einfach so, die liebe war sicher noch da, aber das verliebt sein eben gerade nicht mehr; das, was es so aussergewöhnlich gemacht hat, das grosse ding dieser beiden. und es ist vorbei. ganz kompliziert, ganz normal, wie immer halt. und dann steht man aussen, wo man ja bei fremden lieben ohnehin immer ist, immer, und ist fürs erste ziemlich sprachlos. [warum eigentlich 'man'? ich.] als es jetzt passiert ist, unerwartet, aber irgendwo schon befürchtet, echt jetzt, da hab ich mich erschrocken, denn das erste was da war, für eine millisekunde nur, war dieses ekelhaft besserwisserische bestätigungsgefühl konnteallesjanichtechtsein und direkt danach kam die bereitschaft, den glauben vollends zu verlieren, an dieses liebesding. welches liebesding überhaupt, ich fühl doch eh schon gar nichts mehr so richtig, war doch klar, das gibt es alles nicht, das kann es alles nicht geben. nach dem aufschrei also erstmal redenredenreden, als wenn wir das noch nicht genug getan hätten, immer über die liebe diese letzten tage, in der grünen küche, im bus, im dieselstore, bei h&m, und sie versteht es, zum glück, und zwar genau. später allein in den ice nach süden steigen und denkendenkendenken, owen pallett singt von der liebe, natürlich tut er das, und dazu die sonne, die schon kurz hinter berlin untergeht, und dann wird mir klar, dass es unfair ist, schon immer unfair war, diesen schönen fremden lieben einen sockel zu bauen und sie da draufzuwuchten, diese handvoll fremde lieben zu denkmälern zu degradieren, sie zu meinem eigenen kleinen liebestotem zusammenzuflicken, sie in meine kleine kiste zu legen und als wärmflasche zu benutzen, wenn ich es mal wieder versaut hatte. all das ohne zu fragen, und nur, damit ich mir meine eigene unfähigkeit nicht so genau angucken muss, meine eigenen blöden kleinen muster, die probleme, die ich mir immer wieder zielgenau heraussuche, und es stattdessen alles im grunde genommen, auch wenn ich es ja nicht wahrhaben will, auf dieses dumme und auch noch nicht mal zutreffende ichhabnurnochnichtdierichtigepersongetroffen zu reduzieren. wie gemein. irgendwann so hinter frankfurt wird mir klar, dass der größte witz ja eigentlich ist, ha, als wär da überhaupt irgendwo ein witz, wenn zwei menschen nicht mehr in love sind, dass diese fremden grossen lieben ja immer noch gross sind, genau so gross wie sie immer waren, auch wenn sie vorbei sind, oder anders zumindest. sie haben nicht verloren, nichts verloren, natürlich nicht, wie konnte ich das denken, für diese erste millisekunde? zu lieben ist doch sinn und zweck an sich, und damit und deswegen auch gleich schon genug. lieben, egal wie gross oder wie klein, kriegen ihren wert doch nicht durch dauer, durch erfolg, whatever that would be anyway, für liebe gibt es keine kostennutzenkalkulation, wenn zwei menschen ehrlich sind miteinander. denn was wäre sie wert, diese grosse fremde liebe, die jetzt anders geworden ist, wenn sie weitermachen würden, so tun als ob, wegen sonstwas, wegen der erwartungshaltungen, obwohl es weg ist, ihr grosses ding? das wäre privatinsolvenz. [warum eigentlich immer diese finanzassoziationen die ich nicht loswerden kann, wenn es um liebe geht, wie absurd.] aber dass ich das gedacht habe, für diese erste millisekunde, dass sie verloren haben, dass ich recht hatte, dass es das eben nicht gibt, nicht geben kann, das grosse liebesding, ist nur ein weitere beweis dafür, wie arg ich mein herz an alles hänge, wie sehr mein herz zu schnell schlägt, gleich zu viel will, wie ein zug ohne bremse auf einem weg ohne ziel, immer her mit der ewigkeit, vollkommen goethe, nichts weniger darf es sein, als wär alles andere nicht ausreichend, als würde ein moment, heute abend, dieses wochenende, dieser monat, nicht reichen fürs erste, als anfang, als ende. mein herz, das gleich ein kleines bisschen bricht, nur weil die wirklich schöne, lustvolle clubknutscherei mit dem attraktivsten mann des abends genau das bleibt. mein herz, das gleich ein kleines bisschen bricht, weil jemand, der mich noch nicht mal wirklich kennt sich nicht meldet. mein herz das gleich ein kleines bisschen mehr bricht, weil jemand der mich kennt und wohl auch mag gerade trotzdem nicht will, weil das timing saugt. als wenn das alles an sich nicht gut wäre als das was es ist. es ist doch gut. wirklich doch. ich sollte das abstellen, das gleich so viel wollen, ich hab es mir schon tausendmal gesagt, und muss es mir wohl offensichtlich das tausendundeinste mal auch noch mal sagen, und gleich danach die denkmäler für die fremden lieben abbauen, und alles einfach viel mehr nehmen wie es kommt, das leben, und sie nehmen wie sie kommt, wie sie da ist, die liebe. nicht immer so vollkommen bleeding edge. intensität geht auch ohne das. denn vielleicht ist sie ja doch da, jeden moment, irgendwie, die liebe, auch wenn ich sie so gar nicht fühle. ich sollte sie nehmen wie sie da ist, falls sie da ist, die liebe, egal wie gross oder klein oder wasauchimmer. ich sollte sie ihn mal wieder ernster nehmen, den moment, einfach mal ein bisschen weniger denken, ein bisschen mehr fühlen, einfach mal dran glauben. the power of now.

[heart.]

[hol den vorschlaghammer |sie haben uns ein denkmal gebaut | und jeder vollidiot weiß | dass das die liebe versaut | ich werd die schlechtesten sprayer | dieser stadt engagieren | die sollen nachts noch die trümmer | mit parolen beschmieren | komm auf die beine komm her zu mir | es wird bald hell und wir haben nicht ewig zeit | wenn uns jetzt hier wer erwischt sind wir für immer vereint | in beton und seligkeit | siehst du die inschrift da unten bei den schuhen | da steht in goldener schrift wir sollen in ewigkeit ruhen.]